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Jahreshauptversammlung 2017

(c) HvL 2017 JHV 11.03.2017

(c) HvL 2017 JHV 11.03.2017

Prägend für die Jahreshauptversammlung 2017 war insbesondere das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte  vom 6. Juni 2016 in der Beschwerde Madaus gegen Deutschland:

Im Februar 2017 konnte aufgrund des positiven EGMR-Urteils die Wiederaufnahme des nationalen strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahrens vor dem Landgericht Dresden beantragt werden. Hierzu erklärte  der prozessführende Rechtsanwalt Dr. Johannes Wasmuth in einer Pressemitteilung vom 17. Februar 2017, dass wesentliche, neue rechtshistorische Erkenntnisse vorliegen, die den Vortrag weiter untermauern und dezidierte Antworten auf die bisherigen Einwendungen des Landgerichts Dresden geben.

Rechtsanwalt Dr. Thomas Gertner stützt sich in seinem weiteren prozessualen Vorgehen ebenfalls auf das Urteil des EGMR: Nach  der Zurückweisung seiner Beschwerden durch das Bundesverfassunsgericht am 26. September 2016 hat er nach Ausschöpfung des nationalen Rechtsweges ebenfalls bereits Beschwerde vor dem EGMR eingelegt, u.a. unter Bezugnahme auf das EGMR-Urteil im Fall Madaus.

(c) HvL 2017 JHV 11.03.2017

(c) HvL 2017 JHV 11.03.2017

Rechtsanwalt Dr. Christoph von Katte informierte über die Neuausrichtung der Diskussion über Windkraft auf ehemaligen BVVG-Flächen: Seit dem Urteil des Kammergerichts Berlin vom 21. Dezember 2016 geht es nicht mehr nur um die Abführung von 75% des Erlöses von Windkraftanlagen, sondern der BVVG wird  ein Rückkaufsrecht von Flächen eingeräumt, sobald auf diesen die Errichtung einer Windanlage rechtlich möglich ist. Hierzu ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs  abzuwarten.

Dr. Jörg Gerke stellte in seinem Vortrag insbesondere die Konzentration von Agrarland in den neuen Bundesländern, auch im Vergleich zu anderen postkommunistischen EU-Staaten im Zusammenhang mit land grabbing dar, insbesondere als Folge der verfehlten Wiedervereinigungspolitik im Agrarbereich, die die vorhandenen LPG-Strukturen zementierte, oftmals in Form unrechtmäßig umgewandelter Nachfolgegesellschaften. Wesentlich für die Wiedervereinigungspolitik gegen die grundgesetzlich geschützte Eigentumsgarantie ist die ausgeklügelte Einflussnahme der LPG-Kader. Diese Fehlentscheidung des Gesetzgebers für die Erhaltung unproduktiver, riesiger Agrarstrukturen ermöglichte erst die Entwicklung, gegen die heute der Gesetzgeber relativ machtlos entgegenzusteuern versucht, nämlich den Einkauf außerlandwirtschaftlicher sog. Investoren in große, aber offenbar wenig erfolgreiche LPG-Nachfolgebetriebe.

Sollten Sie als Leser dieses Beitrags und Nichtmitglied des HvL an den Vorträgen interessiert sein, wenden Sie sich bitte an die Geschäftsstelle des HvL in Salzgitter.

Enteignung statt Bodenreform?

http://www.svz.de/mv-uebersicht/mv-wirtschaft/das-papier-strotzt-vor-fehlern-und-unkorrektheiten-id9051786.html

Wie überall in Deutschland tauchen ständig selbst ernannte Agrarexperten auf, um gegen die moderne und ihrer Meinung nach industrialisierte Landwirtschaft zu hetzen. In der Regel treffen sie aber genau die Betriebe, die sie zu schützen vorgeben: die bäuerlichen Familienbetriebe. Mecklenburg-Vorpommern ist dabei wohl eines der Länder,  in denen diese Leute zu Hauf das als Anschauungsmaterial finden, was sie für ihre Argumentation brauchen: Echte industrielle Groß- und Größtbetriebe, die vielfach eins zu eins in die Fußstapfen der vormaligen LPGen aus DDR-Zeiten getreten sind (siehe Agrarkartelle in Ostdeutschland).

Gerade die bäuerliche Landwirtschaft freut sich, wenn es in wenigen seltenen Fällen einmal vorkommt, daß sich die zuständigen Landwirtschaftsminister gegen die zweifelhaften Forderungen verschiedener Grüppchen und Gruppierungen aussprechen, statt sie mitzutragen. Im Fall Mecklenburg-Vorpommerns, mit seinem SPD-Landwirtschaftminister Till Backhaus hingegen kann einem nur noch schlecht werden. Seiner Meinung nach kämen solche Forderungen (begrenzen von Subventionen, Obergrenzen in der Tierhaltung …) einer Enteignung gleich und würden die Bodenreform in Frage stellen! Zur Erinnerung: durch die Bodenreform wurden zwischen 1945-1949 Bauern zu tausenden von ihrem Höfen vertrieben und enteignet, in vielen Fällen wurden sie gefoltert und ermordert. Aus deren Ländereien entstanden später die LPGen, die Herr Backhaus hier in Schutz zu nehmen versucht. Die rechtmäßigen Eigentümer und ihre Erben durften ihr eigenes Land nach der Wiedervereinigung nichteinmal aus dem Staatsbesitz wieder kaufen, während es windige Agrarinvestoren und vor allem die Funktionäre mit SED-Vergangenheit über Jahre hinweg für Spottpreise zugesprochen bekamen. Einige Historiker sprechen zu Recht von dem größten deutschen Verbrechen der Nachkriegsgeschichte, welches nicht grundlos von Politik und Medien bis heute totzuschweigen versucht wird. Nun ist es Herrn Backhaus sogar als Argument gegen die Forderungen vermeintlicher Experten gut genug. Die Rückübertragung von gewaltsam gestohlenem Eigentum sei also seiner Meinung nach die eigentliche Enteignung und Unrecht überhaupt in Frage zu stellen ein Vergehen? Vielleicht sollte man den Ursprung eines solch verzerrten Weltbildes auch in der Vergangenheit, nämlich von Herrn Backhaus suchen, denn dieser war selbst LPG-Funktionär in Neuhaus (Niedersachsen), das seinerzeit noch zu Mecklenburg-Vorpommern gehörte.

Agrarkartelle in Ostdeutschland

Vor 25 Jahren war es Winter in Deutschland und der Schnee lag über dem noch jungen Weizen. Doch gerade in den östlichen Teilen der Bundesrepublik war etwas anders als sonst, denn es war der letzte Weizen, der in der noch existierenden DDR geerntet werden sollte. Nicht nur marode Bausubstanz und Industrie markierten den Unterschied zwischen Ost und West, es waren genauso die riesigen Äcker, die von industriell organisierten LPGen bewirtschaftet wurden und sich so sehr von der bäuerlichen Struktur Westdeutschlands absetzten. Das Land, auf dem diese Kolchosen wirtschafteten, war zum einen Teil blutig geraubt , zum andern Teil samt der Bauern, die auf ihm saßen, versklavt worden.

Nicht umsonst ging daher bei vielen die  Hoffnung mit der politischen Wende einher, dass dieser Zustand nicht länger anhalten würde. 25 Jahre danach sieht die Bilanz ernüchternd aus: die riesigen Äcker sind geblieben, genauso wie die Produktionsgenossenschaften, die auf ihnen wirtschaften. Selbst die Köpfe, die sie leiten, sind in den vielen Fällen die gleichen wie vor 25 Jahren. Es ist ein dunkles Kapitel der Wiedervereinigung, das man gerne tot zu schweigen versucht.

Ausgerechnet die links-grüne TAZ hat sich nun dieses Themas angenommen und zeigt in ihrem Artikel „Agrarkartelle in Ostdeutschland“ schonungslos, was sonst gerne vertuscht wird.

http://taz.de/Agrarkartelle-in-Ostdeutschland/!139358/